Sonntag Mittag ging es von Tromsø aus in aller Ruhe in Richtung Nordkap. Davon ausgehend, dass wir uns für diese letzte Etappe 2-3 Tage Zeit nehmen würden, entschieden wir uns statt der flotteren Route direkt entlang der E6 für das gemächlichere erste Teilstück über die RV91 inkl. zweier Fährverbindungen.

Für die auf der Fähre beworbene Schlechtwetteroption war leider weder das Wetter passend noch der richtige Tag. So eine kleine Whisky-Verkostung samt Destilleriebesichtigung wäre aber sicherlich eine nette Erfahrung gewesen. Vielleicht klappts ja beim nächsten Mal.


In den letzten 8 Wochen hatten wir mit dem Wetter wirklich fast immer Glück, bzw. waren meist zur rechten Zeit am richtigen Ort. Trotzdem checkte Didi auf yr.no (dem norwegischen Wetterdienst mit stündlichen Prognosen) immer wieder die Entwicklung der Wetterlage in der jeweiligen Region. So nützte er diesmal die 1-stündige Wartezeit auf die Fähre von Lyngseidet nach Olderdalen um mal abzuklären wie es denn am Nordkap in 2-3 Tagen in etwa sein wird. Die Prognose nur noch bis max. Montag Vormittag teilweise möglicher Sonnenschein, danach bis Ende der Woche eher trüb und regnerisch. Gar nicht gut!

Da es (unserer Einschätzung nach) auf den rd. 440km von Olderdalen bis zum Nordkap ja auch nicht so viel zu sehen oder zu besuchen gab, beschlossen wir spontan direkt in einem Zisch nach Norden zu düsen um noch vor Mitternacht am nödlichsten (zu befahrenden) Punkt Europas mit einem guten Gläschen anzustoßen.

Diese Route mit seinen Fjorden, Hochebenen, Pässen, teils bizarren Landschaften und jeder Menge Rentierherden in der kargen, arktischen Tundra-Landschaft auf den letzten Kilometern vor dem Nordkap hat es jedoch absolut in sich und ist definitiv eine Reise wert. Wolken und Sonnenschein ergänzten sich an diesem Abend für uns zu wunderbaren Stimmungsbildern. So schööön!

Fotobegeisterte mit passender Ausrüstung wären hier gefährdet nicht wirklich vom Fleck zu kommen, vor lauter stehen bleiben und Motive einfangen. Einige halbwegs brauchbare Bilder haben wir in der Eile aber hoffentlich auch mit unseren Handykameras geschafft. Die „normale“ Kamera haben wir ja zu Hause gelassen. Die hatten wir in der Vergangenheit ja doch kaum in Verwendung.
Tipp für alle die auch mal in den Norden wollen: Nehmt unbedingt eine gute Kamera mit!


Als Didi an einem Traktor mit urigem Wohnwagen vorbeiflizte und dabei ein österreichisches Kennzeichen im Rückspiegel zu erkennen glaubte, musste er trotz „Zeitdruck“ einfach umkehren. Tatsächlich handelte es sich um einen Tiroler, welcher mit seinem alten Steyr Traktor schon einige Reisen rund um den Globus unternommen hat. Auf www.traktorspinner.at findet ihr von Ihm und seinen Kollegen ein paar Geschichten. Der hat uns gefallen! Danke fürs Foto!

Es war schon späterer Abend (zumindest der Uhr nach) und es waren kaum Autos auf der Straße. Sehr angenehm! So fuhr Didi völlig entspannt (aber diesmal ausnahmsweise trotzt der norwegischen Spritpreise mal etwas flotter) durch diese fotogene Landschaftskulisse. Kurz nach dem Überschreiten der 10.000km Marke erreichten wir Alta. Wir legten dort einen planmäßigen Tankstopp sowie einen kurzen ungepanten Besuch (uhrzeitbedingt leider nur von außen) der Nordlichtkathedrale ein.

Nach weiteren Stopps für diverse Fotos

gelangten wir nach einer 6,9km langen Fahrt unterm Meer durch den seit 1999 bestehenden Nordkaptunnel auf die Insel Magerøya.

Blick vom Aussichtspunkt Skarsvågrevva (ca. 20km südlich vom Nordkap)


Am Sonntag den 19. Juni 2022 kurz nach 23:00 Uhr erreichten wir unser Reiseziel – das NORDKAP !!!
2640km Luftlinie von unserem Heimatort Steyr entfernt war der Parkplatz knallvoll mit Wohnmobilen und wir ergatterten grad noch einen der ganz wenigen freien Plätzchen. Draußen war aber trotz später Stunde noch einiges los.

Wir machten natürlich umgehend ein paar obligatorische Aufnahmen vor dem Nordkap Globus und „traschten“ mit Gleichgesinnten aus aller Welt. Die Sonne versteckte sich jedoch leider kurz vor Mitternacht, so gab für uns diesmal keine „kitschige“ Mitternachtssonne am Nordkap zu sehen. Dafür bekamen wir aber in unmittelbarer Nähe ein echtes Naturschauspiel geboten. Eine ganze Gruppe Orcas (Killerwale) befand sich auf Futterjagd, begleitet von kreischenden Möven. Wir hörten sogar die Wasserfontänen vor dem Abtauchen zischen, obwohl das Meer doch 307 Meter unterhalb der steil abfallenden Klippe lag. Leider hatten wir auch diesmal keine Kamera mit Teleobjektiv parat ;-(
Mit unserem kleinen Gucker konnten wir das Spektakel zwar nicht fotografisch festhalten, aber dafür live genießen.


Eine Gruppe von Bikern ließ sich kurz vor Mitternacht noch rasch vor dem Globus ablichten, bevor Sie kurz darauf zu einem Rennen starteten. Das Nordkapp-Tarifa Abenteuer ist ein Einetappen, unsupported, 7400km langes Fahrrad-Abenteuer durch Europa. Es ist das längste Fahrrad Rennen in Europa.

Es gibt übrigens zahlreiche Radfahrer, die zum Nordkap radeln – scheint wirlich sehr beliebt zu sein. Einen davon haben wir auf der Insel Senja persönlich kennen gelernt. Von Belgien aus war er zu diesem Zeitpunkt bereits mehr als 8.000km unterwegs, um in seiner Pension diese Tour Realität werden zu lassen. Schläft im Zelt und das bei durchschnittlich 8-10 Grad in der Nacht. Respekt und Bewunderung!
Von einem anderen „radelnden Spinner“ wurde uns hier von Österreichern berichtet. Da ist wohl grad ein Deutscher von Griechenland aus zum Nordkap unterwegs. Sein gesamtes Gepäck passt angeblich in ein Sackerl und bei knapp über 10 Grad war er in Finnland barfuß, in kurzer Hose und mit nackten Oberkörper unterwegs. Was sind wir eigentlich nur für „Weicheier“ ??? 😁

Um 00:35 Uhr wieder zurück im gemütlichen „Gomobauch“ (draußen fiel starker Nebel ein) schmausten wir dann noch gemütlich einen in Whiskey marinierten geräucherten Fisch (vom Drågen Smokehouse), dazu genossen wir geröstetes Knoblauchbrot, Parmesan, Cocktailtomaten und ein gutes Glas Wein (natürlich von Ben&Dan). Es geht doch nicht‘s über ein ordentliches Mitternachtsjauserl! Richtig bettschwer sind wir dann um zwei Uhr früh in die “Hapfn“ gefallen.

Um 07:45 sind wir aber schon wieder auf, da ja nur zw. 08 und 09 Uhr Sonne angesagt war. Die Sonne zeigte sich tatsächlich und so kamen dann auch nach und nach die Leute. Der Parkplatz lichtete sich schön langsam, wir wechselten auf einen freien Platz in der 1. Reihe und Didi packte die Drohne aus (JA, sie lebte noch immer). Ein paar Fotos von oben sollten es ja auch noch sein bevor es dann weiterging.

Viele bunte Reisegrüße,

Sigi&Didi

PS:
Nicht so gut fanden wir, dass man am Nordkap zwar gratis parken darf (sogar über Nacht), aber für das bloße Betreten des Nordkap-Gebäudes (Souveniershop, Cafe, Restaurant und Ausstellungen) 31€ pro Person zu berappen sind. Als wir nach Mitternacht von der Rückseite rein sind hat aber keiner was gesagt und so konnten wir die obligatorischen Ansichtskarten für unsere beiden Enkerl sowie eine für unsere Klo-Leine und eine neue Schneekugel für den Opa unseres Schwiegersohns (in spe) erwerben. Erst als wir am nächsten Tag eine Postkarte aufgeben wollten, wurden wir auf die kostenpflichtige Betretung aufmerksam gemacht, durften aber noch (ohne zahlen) die Postkarte für die „Zwerge“ ins rote Postkastl reinschmeißen.